DIE ROLLE DER FARBEN IN DER KONKRETEN MALEREI Künstlerstatement — 10. Erfurter
Kolloquium 22.-24. Mai 2003, Forum Konkrete Kunst Erfurt Mein Thema, „Die Rolle der Farbe in der
Konkreten Malerei“, passt zum Thema des Kolloquiums und zur damit verbundenen
Ausstellung über das Werk von Josef Albers „interaction of color“. Da ich mich in den letzten Jahren
intensiv mit Farbthemen beschäftigt habe, bin ich zu einer Menge Erkenntnisse
gelangt auf diesem Gebiet. — Albers, wie die meisten Künstler, die sich
theoretisch mit dem Thema Farbe beschäftigen, tun das aus didaktischer
Absicht als Pädagogen. Diese Tatsache
soll erwähnt werden, da es dabei um andere Interessen geht, als wenn ein
Künstler aus eigenem Bedarf sich die Fragen selbst stellt. In beiden Fällen
gibt es außerdem noch eine Vielzahl von Möglichkeiten, dieses Thema zu
behandeln. Meine Betrachtungen hier haben keine
pädagogische Absicht, sie sind die freien Überlegungen eines Konkreten Künstlers, nämlich
meine. — Meine Themenstellung bezieht sich
nicht auf die Farbe, sondern auf den Umgang mit der Farbe, ihre Handhabung,
Verwendung, ihre Funktion innerhalb der Konkreten Malerei. Aus dieser
Perspektive habe ich die möglichen Farbkonzepte in Kategorien einzuordnen
versucht, um mir dadurch einen besseren Durchblick (und eventuell auch für
andere), bei der Erkennung und Beurteilung der Konkreten Werke zu
ermöglichen. Bei Erstellung eigener Werke und zu ihrer Beurteilung ist dies
nur bedingt brauchbar, da Kunst intuitiv entsteht, und dabei der Beurteilung
der eigenen Werke die emotionale Befangenheit kein objektives Urteil
zulässt. Es erscheint mir notwendig,
um diesen Kategorisierungsversuch von Farbkonzepten hier erfolgreich
vorstellen zu können, vorher eine Reihe möglicher Fehlvorstellungen
auszuräumen. Fangen wir gleich an mit der Analyse
meiner Themenstellung. Da steht z.B. Konkrete Malerei. Malerei ist hier ein
spezifiziertes Synonym für Kunst. Wir müssten jetzt Kunst und Malerei
definieren, aber das lassen wir lieber sein, sonst
begeben wir uns ins Endlose. Nehmen wir an, daß wir dafür eine passende
Definition schon haben. Den Begriff
Konkret können wir aber nicht außer Acht lassen; es ist nötig, näher darauf
einzugehen. — Bei der Bezeichnung Konkrete Kunst
ist das Hauptwort die Kunst, und Konkret, auch wenn wir versuchen, es
großzuschreiben, ist nur das Adjektiv. Also es geht in erster Linie um die
Kunst! Zu betonen ist auch, daß die Konstruktive– und Geometrische Kunst
nicht die Alleinvertreter der Konkreten Kunst sind; es gehören noch viele
andere dazu, auch die, die es ablehnen, dazu gezählt zu werden, aber nach
ihren Arbeiten zu dieser Kategorie gezählt werden müssen, weil sie nach
Konkreten Prinzipien arbeiten. — Die Erfindung der Bezeichnung
Konkrete Kunst wird mehreren Künstlern zugesprochen; deshalb kursieren
verschiedene Definitionen darüber. Viele definieren sich durch Negation,
andere benützen zur Definition unkonkrete, undefinierte, falsche Begriffe, und
das gefällt mir nicht. Dabei ist es ganz einfach: man muß nur beobachten,
welche bildnerische Elemente in welchem konzeptuellen Zusammenhang hier
benützt werden; und die Antwort darauf ist gleich die Definition für die
Konkrete Kunst. Es ist falsch anzunehmen, daß erst das theoretische Programm
erstellt wurde, wonach dann die Künstler gearbeitet haben. Nein, es ist genau
umgekehrt gewesen. Kunst entsteht intuitiv, und zwar immer! Man hat die
Konkrete Kunst intuitiv entdeckt, und das wollte man natürlich gleich deuten,
um ihre Berechtigung zu sichern. Das zeigt die Tatsache, daß zwar alle
beteiligten Künstler die gleichen Mittel und Vorstellungen von Anfang an
benützten, aber über die theoretische Definition sich zerstritten haben. Und
wir streiten uns bis heute und sind uns immer noch nicht ganz einig, dabei
können wir trotzdem wunderbar zusammenarbeiten. Also, ich versuche hier nach meinem
eigenen Motto die Konkrete Kunst zu definieren: -- In dieser Kunstgattung werden die möglichen bildnerischen Elemente:
Linie, Fläche, Form, Farbe, Raum, klar definiert und sich
selbstinterpretierend eingesetzt und in einen klaren bildnerisch–
konzeptuellen Zusammenhang gebracht. Dabei werden zur Erstellung der Aussage
des Werkes die Phänomene: Kontrast, Gleichwertigkeit, Harmonie, Disharmonie,
Labilität, Stabilität, Gleichgewicht, Symmetrie, Asymmetrie, Ruhe, Dynamik,
Progression, Einzahl, Vielzahl, etc. herangeholt. Die
Qualität des Werks wird bestimmt von Intuition, Intention, Sensibilität,
Kultur und Logik, womit das Werk gestaltet wurde. Damit ist es möglich, sowohl für einen
Europäer wie auch für einen Japaner sich in dieser Gattung auszudrücken. —
Also, die Konkrete Kunst definiert sich nicht durch Ideologien,
Gesellschaften oder die Geschichte, sondern durch die von ihr verwendeten
bildnerischen Elemente und Konzepte. — Wehe dem, der versucht, sie zu beengen
und verfälschen! Übrigens, sinngemäß
stellt die Konkrete Kunst die Urform der Kunst in „Reinkultur“ dar. Sie ist
eine der reinsten Kunstformen. Sie bezieht sich ausschließlich auf sich
selbst. Die Vorstellung, daß die abbildende Kunst die primäre bildnerische
Form wäre, ist falsch. Abbildung ist aus künstlerischer Sicht streng genommen
Dienstleistung. Das besagt aber nicht, daß durch die Abbildung die Kunst
eingeschränkt und reglementiert wäre.
Es gibt Tausende grandioser Beispiele als Gegenbeweis dafür. — In
den Fällen, wo die Abbildung als Möglichkeit zum Kunstschaffen genützt wird, ist
die Kunst frei von fremden Zwängen und kann sich unbeschränkt entfalten.
Umgekehrt aber, wo die Kunst benützt wird, um anderen Interessen zu dienen,
da wird es kritisch. Aber das gilt für alle Kunstarten, auch für die Konkrete
Kunst. Der Kunst kann man dienen — aber die Kunst dient nichts und
niemandem, sie ist souverän. Nimmt man ihr diese Eigenschaft, — ist sie
keine Kunst mehr. Man soll sich das, bitte schön, merken und einen
Unterschied machen. Das sollen alle sich merken, die so gerne alles in einen
Topf werfen wollen; Kunst, Design, Architektur, Medien, etc. Kunst ist
kein Gütezeichen, sondern eine eigenständige Gattung, ein Bereich, wo
menschliche Empfindungen und menschlicher Geist zum Ausdruck gebracht wird.
Sie unterliegt keinen materiellen, technischen, ideologischen, praktischen
Bedingungen oder Auflagen der Nutzbarkeit, und sie hat auch keine Aufgaben zu
erfüllen. — Sie ist nur Kunst, - qualitativ gut oder schlecht! Das
gilt in der Musik und Dichtkunst ebenso. Als nächstes versuchen wir die Farbe zu definieren. Hoppla! Hier haben wir ein echtes
Problem! Das hätten wir auch schon vorher haben können, aber so lange wir uns
auf der geistig-theoretischen Ebene bewegten, fiel es uns nicht auf. Jetzt
verlangt die Farbe von uns, da wir sie als physikalisches Phänomen
betrachten, eine andere, sachliche, wissenschaftliche Betrachtungsweise. —
Und hier kommt der Hammer: Unser
geliebtes Wesen, auf das wir schwören könnten, die Farbe — sie gibt es nicht! — Oh weh, oh weh! — Es gibt nur die
Sinnesempfindung des Betrachters, und die ist äußerst unzuverlässig und
mangelhaft. Jetzt will ich auf diesem
Haufen Elend meine Kategorien aufbauen, um Farbkonzepte definieren zu können?
Im Ernst? — Ja, im Ernst. Wir sind alle
Schwindler, aber wunderbare, göttliche Schwindler! Wir können uns aus dem
Nichts ein vielfältiges, gigantisches Universum erstellen, und mit dieser
Vorstellung können wir ganz präzise umgehen, Wunder erzeugen und sie
wahrnehmen, dank unserer Sinne! —
Es gibt messbare Realitäten, wie zum Beispiel der große Bereich der
elektromagnetischen Wellenskala, wo auf ein ganz schmalem Bereich, etwa zwischen 380—760 nm
Wellenlängen, der Bereich, der von unserem Sinnesorgan als Licht wahrgenommen
werden kann, liegt. Die Welt ist
farblos — wir sehen sie nur farbig! Und das ist bedingt durch die spezielle
Einrichtung unserer Sehorgane. — Ich habe leider keine Zeit, hier
näher darauf einzugehen, aber ich kann das Taschenbuch von Harald Küppers:
Das Grundgesetz der Farbenlehre, erschienen beim Dumont Verlag, empfehlen. Da
können Sie alles nachlesen. Da erfahren Sie auch, daß man die Farblehre von
Goethe und Itten vergessen soll, weil sie falsch sind; daß es zwar keine
Farben gibt, nur unsere Farb - Sinnesempfindung, aber das funktioniert
systematisch und berechenbar; daß es zwar drei Urfarben gibt: Violettblau,
Grün und Orangerot (da es diese drei Sehzellentypen gibt auf der Netzhaut und
alle andere Farbempfindungen aus diesen drei Informationen hergestellt werden
im Hirn); daß es acht Grundfarben gibt, und das ergibt sich logischerweise
aus den acht Variationsmöglichkeiten mit den drei Urfarben, und die sind:
Weiß, Gelb, Magentarot, Cyanblau, Violettblau, Grün, Orangerot und Schwarz. — Die durch wissenschaftliche
Untersuchungen und Experimente belegten Ausführungen im Buch sind sehr
aufschlussreich. In einem Punkt, wo der Autor nicht als Wissenschaftler,
sondern als Pädagoge auftritt und behauptet, daß alle Künstler diese neue
Erkenntnisse über die Farbenlehre sich zu eigen machen müssten, — bin ich
anderer Meinung. Kunst entsteht nicht durch Wissen, sondern durch Intuition.
Wissen kann oft sogar hinderlich wirken. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Albers hat auch die „ausprobieren und sich irren“ - Methode empfohlen. Jetzt komme ich zu meinem eigentlichen
Thema. — Wie viel Farbe braucht die Kunst? -- Um ein vollwertiges Kunstwerk zu
schaffen, genügt ein Bleistiftstummel. — Allerdings, wenn man in der
Konkreten Kunst mit Farbe arbeitet, funktioniert das nach logischer
Gesetzmäßigkeit. Wir blicken jetzt auf eine fast
90-jährige Geschichte der Konstruktiv-Konkreten Kunst zurück, die
mittlerweile sich wie eine geschlossene internationale Kultur
präsentiert. Wir kennen die
revolutionäre Anfangsphase, wir kennen den Kampf für die Ideale, - aber wir
kennen auch die erlangte Gewissheit, Gelassenheit und ungetrübte Hingabe,
womit in dieser Kunst heute gearbeitet wird, und wir haben die Ergebnisse
vorliegen. Wir brauchen nur
hinzuschauen, um zu erkennen, was möglich ist und was nicht. Beim vergleichenden Überblick lassen sich
Kategorien erkennen, denen die einzelnen Kunstwerke mit ihren Farbkonzepten
sich zuordnen lassen. Jede Kategorie
folgt ihrer eigenen Logik. Wie man
diese Logik praktiziert im bezug zum Thema, ergibt die Qualität der
Arbeiten. — In diesen logischen bildnerischen
Konzepten werden bildnerische Mittel verwendet, und eines der wichtigsten von
ihnen ist die Farbe. In welchem
Kontext diese Mittel eingesetzt werden, bestimmt das bildnerische Konzept. — Historisch gesehen hat in der Konstruktiv-Konkreten
Kunst die Farbe lange Zeit eine untergeordnete Rolle gespielt, wie alle
anderen bildnerischen Mittel auch.
Sie wurde, streng genommen, nur auf ihre Funktion reduziert, die sie
innerhalb der Komposition zu erfüllen hatte.
Sie sollte nur ihre Aufgaben erfüllen und über sich selbst keine
weiteren Aussagen machen. Besonders
die Künstler der „De Styl - Gruppe“, mit Mondrian und Doesburg an der
Spitze, sind konsequent und radikal vorgegangen in dieser Frage. Sie haben die Zweidimensionalität
entdeckt, eine ganz neue bildnerische Sicht, wobei die herkömmliche
perspektivisch-räumliche Interpretation zusammen mit der Farbperspektive
ausgeschlossen wurde. Sie verzichteten
auf die Farbvaleur und nahmen die Primärfarben, Rot,
Gelb, Blau und die Nichtfarben Weiß, Schwarz, Grau als
benennbare Elemente, als Fakten für ihre Kompositionen zur Hilfe. Damit haben sie das Bild vom Zwang des
Abbildens (räumliche Illusion) befreit und den Weg für neue bildnerische
Möglichkeiten geöffnet. Dieser Schritt
war so genial und überzeugend, daß das Konzept lange Zeit als Kanon für die
Konstruktiv-Konkrete Kunst diente. — Inzwischen ist aber viel Zeit
vergangen, und die revolutionären Forderungen, Manifeste, dogmatischen
Richtlinien sind überholt; das Konkrete hat sich etabliert. Man kann behutsam, sich auf die
gesammelten Erfahrungen stützend, weiterdenken. Hier sind die einzelne Kategorien, die
ich auf der Grundlage verschiedener Farbkonzepte erstellt habe: 1. Die
erste Kategorie bildet die reduzierte Farbwahl der Primärfarben
(Grundfarben) Rot, Gelb, Blau und Nichtfarben Schwarz, Weiß und
evtl. Grau (wobei die Gefahr besteht, daß Grau als Schatten interpretiert
wird, und das ist hier unerwünscht).
Dieses Farbkonzept wird gewählt bei einem mit bildnerisch sachlichem
Anspruch erstellten Werk, wo die Allgemeingültigkeit vor Individualität
gestellt ist. Die Primärfarben
und Nichtfarben lassen sich in den entsprechenden Konzepten als
faktische Bildelemente in die Kompositionen einsetzen. In diesen Konzepten
gilt der Grundsatz, nur die allernötigsten und klar formulierbaren Elemente
zu verwenden. Mit den Primärfarben lässt sich hervorragend arbeiten, sie sind
eindeutig benennbar, erfüllen korrekt die ihnen auferlegten Aufgaben, ohne
individuellen Anspruch auf Qualität, Fragen nach Herkunft, Beschaffenheit,
etc. zu stellen. — Die ihnen theoretisch angedichtete Eigenschaft, daß aus
den drei Primärkörperfarben alle anderen Farben sich ausmischen
lassen, (substraktive Farbmischung), und daß die drei zusammen Schwarz
ergeben, ist nur eine Wunschvorstellung; aber man kann mit dieser Theorie,
auch wen sie nicht stimmt, gut arbeiten. — In dieser Kategorie spielt die Farbe
qualitativ eine untergeordnete Rolle - sie dient ausschließlich der
Komposition. — Wir haben hier in unseren Reihen einen großartigen Künstler,
dessen Arbeiten beispielhaft für diese Kategorie sind: Jo Niemeyer. 2. Die
zweite Kategorie bildet das Farbkonzept, wo die Farben zur Kennzeichnung
von Bildelementen, Bildbereichen benützt werden, um dadurch Identifizierung,
Unterscheidung, Trennung, Verbindung, etc. zu bewirken. Hierbei spielen die Farben eine dienende Rolle, sie können dabei durchaus
gewisse individuelle Eigenschaften aufweisen, sie selbst sind aber nicht das
Thema, sie sind die Farben von etwas
und werden im Dienste der Komposition, der Farbgestaltung, der Belebung des
Bildes eingesetzt. — Hierbei spielt die Farbe zwar eine
wichtige, aber eine untergeordnete Rolle. 3. Die
dritte Kategorie bildet das interaktive Farbkonzept,
wo die Farben die Möglichkeit und auch die Aufgabe bekommen, sich in ihrer
eigenständigen, individuellen Qualität zu präsentieren und im Dialog
miteinander zu bestätigen. Hier haben die einzelnen Farben entscheidende
Bedeutung. In diesem bildnerischen Konzept wird die Aussage durch das Aufeinanderwirken
der gewählten Farben gemacht. Sie
sind als konkrete Farbfelder in der Komposition maßgeblich eingesetzt. Diesem
Konzept liegt die Erkenntnis zu Grunde, daß die einzelnen Farben immer
mitbestimmt werden von den mit ihnen im Bezug stehenden anderen Farben. In
unserer Farbwahrnehmung verändern sich je nach Einsatz und gewähltem
Verhältnis sowohl die Qualität der einzelnen Farben, wie auch ihre Aussagen.
— Darüber wird uns die Parallelausstellung von Joseph Albers Genaueres
berichten. — In diesem Konzept haben die
individuellen Qualitäten der gewählten Farben eine entscheidende Rolle zu
spielen. 4. Die
vierte Kategorie bildet die Präsentation der Farben
als Konzept. Dieses Konzept ist mit dem vorher besprochenen Konzept “Aufeinanderwirkung
der Farben” verwandt, mit dem Unterschied, daß hier nicht die
Aufeinanderwirkung der Farben das Thema ist, sondern das ausgeglichene
Nebeneinander. Die einzelne Farben präsentieren sich hier als
selbständige Qualitäten, alleine oder in der Gesellschaf anderer,
gleichgestellter Farbqualitäten. Hierbei können die Farbfelder alleine oder
nebeneinander stehen, wobei sie ihre volle, individuelle, stabile Präsenz
bezeugen. — In diesem Konzept spielen die Farben
in ihren individuellen Qualitäten entscheidende Hauptrollen. Für diese
Kategorie, als Beispiel, haben wir unter uns eine hochbegabte Künstlerin,
Sigrid Pahlitzsch, ich hoffe, sie ist mit dieser Zuordnung einverstanden. 5. Die
fünfte Kategorie bildet die individuelle Farbform,
befreit und selbständig. Die Farbe selbst ist hier das bildnerische Konzept.
Die individuelle Farbe bestimmt auch ihre individuelle Form, um als eigenständiges
Wesen auftreten zu können. Hier verläßt sie womöglich die konstruktive
Definierbarkeit, aber sie kann weiterhin konkret wirken, da sie
nur auf sich selbst verweist.. Beispiele dafür finden wir bei Ellsworth
Kelly, IMI Knöbel, etc. — In diesem Konzept trägt die gewählte
Farbform die ganze Aussage als
Selbstdarstellung; sie ist ihr eigenes Thema. Ich habe hier versucht, die Rolle der
Farbe, nach fünf wesentlichen Farbkonzepten der Konkreten Malerei, in
Kategorien zu fassen. Es gibt, selbstverständlich, nicht nur die reine
Zugehörigkeit zu eine Kategorie, es gibt auch Querverbindungen und
Mischungen. — Über Farblicht, Farbräume, etc. will ich nicht reden, da hier
nur die Malerei das Thema bildet. Die Aspekte Farbauftrag, Materialität,
Intensität, Transparenz, etc. können auch in die genannten Kategorien in
konzeptueller Hinsicht eingeordnet
werden. — Bei all diesen Betrachtungen soll
man aber nicht vergessen, daß unter allen bildnerischen Mitteln die Farbe
sich am allerschwersten “festnageln” lässt. Das liegt in ihrer Natur, worüber
wir schon gesprochen haben, und in der Tatsache, daß ihre Erscheinung
unterschiedlich aufgenommen wird, bedingt je nach Qualität der optischen
Wahrnehmung des Betrachters, und in Abhängigkeit von der jeweiligen
Beleuchtung. Darum haben sich die
Konkreten logischerweise zu den Grundfarben geflüchtet, in die faktische und
theoretische Handhabung der Farben. — Es kann aber sein, daß gerade diese
Schwierigkeiten zur Faszination der Farben beitragen, da sie doch eine
unvergleichbar stärkere Wirkung erzielen können als die anderen bildnerischen
Mittel. |